Therapiesitzungen und andere Gedanken

Therapiesitzungen und andere Gedanken

Ich habe kürzlich ein interessantes Gespräch mit meiner Therapeutin geführt. Es ging darum, dass man viele Dinge tut, oder denkt sie tun zu müssen, weil das „Über-Ich“(Sigmund Freud, Das 3-Instanzenmodell) diese für das Richtige hält. Unser Gewissen sozusagen.

Ich glaube meine Therapeutin liegt ganz richtig mit der Annahme, dass ich die Diagnose MS jetzt gut ein Jahr bestens von mir fernhalten konnte und diese Fassade jetzt aber langsam bröckelt. Eine aber doch sehr menschliche Reaktion, wenn man sich das weiter überlegt. Zum eigenen Schutz wird am Anfang alles erstmal verdrängt.
So langsam lässt sich die Diagnose aber nicht mehr verdrängen. In manchen Wochen im letzten Jahr, nein, eigentlich in ziemlich vielen Wochen im letzten Jahr hatte ich bis zu fünf Arzttermine. Manchmal bei fünf verschiedenen Ärzten. Am schlimmsten sind die ersten Besuche bei bekannten Ärzten nach der Diagnose. Man kommt vielleicht aus ganz anderen Gründen zu dem jeweiligen Arzt, manchmal sogar nur zu einem jährlichen Kontrolltermin, aber schon ist sie wieder da, die MS-Blase. Denn man muss seine Diagnose natürlich jedem anderen Arzt, für den das relevant werden könnte, mitteilen. Dann sitzt Frau schon mal zehn Minuten länger beim Frauenarzt und hört sich die (Achtung dieser Satz könnte Spuren von Zynismus enthalten) immer gleiche Laier an. Dem Gegenüber tut es immer erstmal Leid. So jung und dann so eine Diagnose. Dann wird gefragt, ob und wie man in Behandlung ist und ob man selber mit der Situation klar kommt.
Natürlich nicht.
Aber ich habe oft nur brav genickt, habe von meiner Erstsymptomatik erzählt, über mein Medikament berichtet und wo ich in Behandlung bin.

Zu meinen fast regelmäßigen Therapiesitzungen bin ich eigentlich aus einem ganz anderen Grund gekommen, aber schon eine sympathische Therapeutin an meiner Seite zu haben, hat mir am Anfang auch das ein oder andere Mal sehr geholfen. Ich hatte natürlich Glück, schon in psychiatrischer Behandlung zu sein, aber man muss ja auch mal Glück haben.

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Mit dem Gewissen ist das ja so eine Sache. Ich werde auch heute noch, obwohl ich mich schon länger mit solchen Themen befasse, oft von meinem „Über-Ich“ dazu gebracht, Dinge zu tun, die ich eigentlich gar nicht tun möchte, von denen ich aber denke, sie tun zu müssen.
Das ist böse! Diese Einstellung, oder besser gesagt dieses schlechte Gewissen, hat mir an manchen Stellen schon viel Kraft gekostet.
Ich für meinen Teil, sollte zum Beispiel damit aufhören immer alles bis ins letzte Detail planen zu wollen. Das geht gar nicht und noch weniger mit MS. Ich habe gelernt, dass viele Tage sogar schöner werden, wenn man sie auf sich zukommen lässt. Und entspannte, planlose Tage sind gerade dann sehr wichtig, wenn viele Tage im Leben nicht nur von einem selbst, sondern oft auch von außen vollkommen verplant werden.

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